Yom HaShoah - Unser ‘Nie wieder‘ darf nicht zur Farce verkommen
„Nie wieder! Nie wieder!“ Gleich zweimal rief Mickey Levy, der Präsident der Knesset, diese
eindringlichen Worte auf Hebräisch (Le’olam lo od) bei seiner Rede im Bundestag am 27.
Januar 2022, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag. Genau drei Monate später ist nun
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas auf Einladung des Parlamentspräsidenten am israelischen
Gedenktag Yom HaShoah in Israel und erinnert an die Ermordung der sechs Millionen
Jüdinnen und Juden. Dies ist ein wichtiges Zeichen der deutschen Verantwortung aus der
Geschichte und zugleich für die deutsch-israelischen Beziehungen in der Gegenwart.
Aber Deutschland ist gefordert, damit unser „Nie wieder“ nicht zur Farce verkommt. Der
Antisemitismus in Deutschland ist weiterhin und mehr denn je virulent. Anschläge wie im
Jahr 2019 in Halle haben in schrecklicher Weise verdeutlicht, wie bedroht jüdisches Leben
ist. Am vergangenen Wochenende hat der Judenhass auf pro-palästinensischen
Kundgebungen in Berlin unverhohlen seine hässliche Fratze gezeigt. Auf internationaler
Ebene hetzen Iran, Hisbollah und Hamas seit Jahrzehnten gegen Israel und drohen dem
jüdischen Staat mit der Vernichtung. Antisemitismus ist in palästinensischen Schulbüchern
Standard und es ist genügend Geld für die Finanzierung von Terrorrenten vorhanden. Dabei
hätten wir mit der Konditionierung unserer Hilfsgelder einen wirksamen Hebel dagegen in
der Hand.
In Israel ist mit der Lehre aus der Geschichte gemeint, niemals mehr Opfer zu sein und alles
dafür zu tun, dass sich das unbeschreibliche Schicksal der Groß- und Urgroßeltern nicht
wiederholt. Deshalb verteidigt der Staat Israel tagtäglich seine freiheitliche Demokratie mit
der Stärke seiner Armee und Sicherheitskräfte, mit robuster Technik und bester IT. In
Deutschland hingegen besteht ein anderes Verständnis des „Nie Wieder!“ im Sinne von „Nie
wieder Krieg“. Viele hatten ein Problem mit Waffenlieferungen zur Verteidigung bedrohter
Demokratien gegen aggressive Diktaturen.
Die vergangenen zwei Monate des völkerrechtswidrigen Angriffs von Russland auf die
Ukraine und der grausamen Kriegsverbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung haben
gezeigt, dass die Vorstellung, die Geschichte sei stets auf der Seite der freiheitlichen,
demokratischen Welt, eine naive Vorstellung ist. Wir sind deshalb sehr gut beraten, unseren
Freundinnen und Freunden in Israel, in der Ukraine und auch in Taiwan besser zuzuhören.
Wir haben die berechtigten Sorgen lange nicht ernst genommen, weil der Blick zu vieler
Verantwortungsträger von der Naivität geprägt war, dass Diktatoren ähnlich vernünftig und
überlegt handeln würden wie sie selbst. Um unsere Werte wirklich verteidigen zu können,
braucht es wehrhafte Demokratien, die sich gegenseitig unterstützen.
Am Ende werden wir Politikerinnen und Politiker gefragt: Was habt ihr damals getan, um
den brutalen Vernichtungskrieg, massenhafte Vergewaltigungen und die wahllose Tötung
tausender Zivilisten mitten in Europa zu stoppen? Oder was habt ihr getan, um den
Raketenterror gegen Israel und seine Bevölkerung zu verhindern? Ich möchte auf diese
Fragen immer antworten können: Alles!